Auch wenn umgangssprachlich meist von „Karate“ gesprochen wird, heißt es eigentlich vollständig „Karate-Dô“. Karate ist die Kunst, sich ohne Waffen zu verteidigen (Kara Te – leere Hand). Gleichzeitig betont Karate die Charakterentwicklung (Do – Weg des Sich-Entwickelns). Im Karate kann gelernt werden, wie man sich in einer Gefahrensituation am besten verhält, welche Techniken sich am besten auf Angriffe in bedrohlichen Situationen eignen und wo man am besten angreift. Statt roher Kräfte sind vor allem Geist, Schnelligkeit und Beweglichkeit gefragt. Karate beruht auf Respekt vor dem Anderen, auf Disziplin und dem Willen zu üben. Diese Grundlagen spiegeln sich auch in der Etikette des Karate wieder und sind damit unverzichtbar. Grundsätzlich kann Karate in nahezu allen Altersklassen erlernt, beziehungsweise praktiziert werden und ist für Menschen mit unterschiedlichen körperlichen Voraussetzungen geeignet. In unserem Verein wird die Karate-Stilrichtung Wado-Ryu praktiziert.

Durch frühzeitige und nachhaltige Beschäftigung mit dieser fernöstlichen Kampfkunst können gerade Kinder und Jugendliche Charaktereigenschaften wie zum Beispiel Zielstrebigkeit, Teamgeist, Ausdauer, Selbstbewusstsein, aber auch Selbstbeherrschung entwickeln – Eigenschaften, die für den späteren erfolgreichen Lebensweg förderlich sind. So nennt zum Beispiel die WHO in ihrem „WHO information series on school health ; document 12“; 2007 explizit Karate als fördernd für den Schulsport und dort insbesondere für die Ausprägung grundlegender motorischer Fähigkeiten. So verstanden wird Karate schnell zu einer Art Lebensphilosophie und ständigem Begleiter.

Die Praxis

Das Karatetraining beruht im Wesentlichen auf der wiederholten Ausführung der Techniken (Stöße, Tritte, Schläge, richtiges Fallen, Hebel, Würfe) um diese immer mehr zu verbessern. Dabei wird der Trainingspartner nie verletzt sondern es handelt sich um ein „miteinander trainieren“ anstelle eines „gegeneinander kämpfen“. Der Schüler beginnt mit einigen wenigen Techniken, und versucht diese unter Anleitung des Trainers zu verbessern. Mit steigender Erfahrung kommen neue Techniken dazu, welche auch wieder verbessert werden wollen und so steht Karate ganz im Geist des lebenslangen Lernens.

Über Kihon, Kata und Kumite

Das Karatetraining besteht aus drei Säulen: der Kihon, der Kata und dem Kumite. Im Kihon, der „Grundschule“ im Karate werden die Grundtechniken des Karate erlernt, die in der Kata oder abgewandelt im Kumite angewandt werden. Es wird sehr viel Wert darauf gelegt, dass die Techniken präzise, schnell, kraftvoll und überzeugend wirken. Die Techniken werden immer wieder geübt, wobei es wichtig ist, dass die Bewegung technisch ganz exakt ausgeführt wird. Kihon ist die Grundvoraussetzung für das Fortschreiten im Karate.

Die Kata, auch Form genannt, ist eine Übungsform, die unmittelbar auf das Kihon aufbaut und wahrscheinlich die ursprünglichste Form Karate zu trainieren. Die Techniken, welche im Kihon trainiert wurden, werden hier in einer Form, also einem genau definierten Bewegungsablauf, im Kampf gegen einen imaginären Gegner angewandt. Somit kann die Kata zu einer Art „Waffenkammer“ für den Karateka werden.

In unserer Stilrichtung gibt es „von Haus aus“ acht Kata: die fünf Pinan Kata, Kushanku, Naihanchi und Chinto. Weitere Kata kamen später von Zeit zu Zeit aus anderen Stilrichtungen leicht abgeändert hinzu.

Dabei ist es die wohl interessanteste aber zugleich schwierigste Aufgabe des Karateka, die Kata so vorzuführen, dass der Ablauf der Kata überzeugend wirkt und an einen Kampf statt an einen Tanz erinnert. Hierbei ist die Körperbeherrschung sehr wichtig. Entscheidend für die Überzeugungskraft einer Kata sind Dynamik, Rhythmus, Balance, Krafteinsatz im richtigen Augenblick und die richtige Spannung im Körper. Dafür sind viel Konzentration und, wie schon gesagt, Körperbeherrschung wichtig, die dadurch auch im besonderen Maße trainiert werden. Nicht immer ist die Bedeutung der einzelnen Bewegungen, das Bunkai, gleich offensichtlich und oftmals kann eine Bewegung mehrere Bedeutungen haben, je nach Interpretation. Daher ist das Studium der Bedeutung jeder einzelnen Kata sehr komplex und vielfältig. Kata kann sowohl einzeln, als auch in der Gruppe vorgeführt werden. Wichtig beim Vorführen einer Kata in der Gruppe ist, dass alle Teilnehmer die Kata exakt synchron ausführen, und zwar ohne Einsatzzeichen, egal in welcher Form. Um dieses zu erreichen, muss die Gruppe sehr gut zusammenarbeiten. Kata schult somit die Zusammenarbeit im Team auf eine andere Art und Weise.

Im dritten Bereich, dem Kumite, wird anfangs mit genau definierten Angriffen und Abwehrtechniken der Kampf trainiert, was man auch „Yakusoku Kumite“ (abgesprochener Kampf) nennt. Kumite ist also ganz allgemein die Übung eines Kampfes mit einem Partner. Später geht diese Form in einen halbfreien Kampf über, bei dem einige Techniken, zum Beispiel Abwehr- oder Kontertechniken, frei gewählt werden können, die Angriffstechniken jedoch vorgegeben sind. Als Beispiel dafür ist das Jiyu Ippon Kumite, der Kampf mit einem definierten Angriff, zu nennen. Die letzte und höchste Form ist schließlich der freie Kampf, das Jiyu Kumite. Dabei wird nicht mehr so viel Wert auf die Exaktheit der Techniken wie in der Grundschule gelegt, sondern viel mehr auf deren Effektivität und die Körperbeherrschung des Karateka. Dennoch muss die Technik als Karatetechnik erkennbar bleiben. Kumite im Karate ist KEIN Vollkontakt Kampf. Techniken müssen vor dem Auftreffen gebremst werden, sodass sie nur noch minimal den Körper des Partners berühren. Dennoch müssen die Techniken erkennbar bleiben, sowie mehrere Wertungskriterien erfüllen, wie etwa korrekte Distanz, kraftvolle Ausführung und Zanshin – der Zustand der absoluten Konzentration und Beobachtung des Gegners. Die Effektivität einer Technik im Training oder Wettkampf wird also nicht daran gemessen, wie viel Schaden die Technik anrichtet, sondern eher daran, wie gut der Technikausführende seine Technik beherrscht und kontrolliert. Daher sind gefährliche Techniken, die nur schwer kontrollierbar sind, verboten.

Die gesamte Fülle an Techniken des Karate, inklusive eines reichhaltigen Hebel- und Wurfrepertoire, werden mit zunehmendem Fortschritt im Karate in der Selbstverteidigung trainiert. Dort werden diese Techniken zum Schutz des eigenen Lebens eingesetzt und kontrolliert geübt – natürlich auch ohne Kontakt. Die Selbstverteidigung ist also gewissermaßen eine Art „Synthese“ aus Teilen aller drei Säulen des Karate.

Alle Bereiche, Selbstverteidigung eingeschlossen, sind prüfungsrelevant. Kata und freies Kumite können auch im Wettkampf präsentiert werden.

Im weiter fortgeschrittenen Karate gibt es in unserer Stilrichtung außerdem Tantodori (Kampf gegen Angriff mit traditionellem Messer), Idori (traditioneller Bodenkampf im Seiza-Sitz) und Tachi Dori (Kampf gegen Schwertangriffe). Im Prüfungsprogramm für höhere Schwarzgurte werden auch diese Kategorien wichtig.

Die Stilrichtungen

Es gab in der Geschichte des Karate viele Großmeister, die alle unschiedliche Ansichten davon entwickelt haben, wie Karate am effektivsten ist. Dadurch, dass diese Meister ihr Wissen wiederum an ihre Schüler weitergaben, entstanden über die Zeit große Stilrichtungen im Karate. Innerhalb dieser Stilrichtungen gibt es ebenfalls unterschiedliche Strömungen, welche je nach Meister variieren, jedoch immer gewisse stilrichtungsspezifische Grundprinzipien wahren. Die vier größten Stilrichtungen im Karate sind das Shotokan, das Wado-Ryu, das Goju-Ryu und das Shito-Ryu Karate. Diese Stile sind am meisten verbreitet und haben die meisten Schüler, die Karateka genannt werden. Die Bezeichnungen von Techniken, sowie viele Kommandos stammen aus dem Japanischen.